Warme Sommermonate erhöhen das Risiko für Legionellen
Wegen erhöhter Temperaturen, stagniertem Wasser und organischen Ablagerungen
Besonders in Sommermonaten steigt das Risiko, dass sich Legionellen und andere Krankheitserreger in gesundheitsgefährdenden Konzentrationen in Trinkwasserleitungen ansammeln und vermehren.
Erhöhte Temperaturen, stagniertes Wasser und organische Ablagerungen, wie Biofilm, sind ein idealer Nährboden für Legionellen, welche sich zwischen 25 °C – 50 °C stark vermehren und zu einem erheblichen Gesundheitsrisiko werden. Im Jahresreport von 2021 geht das RKI davon aus, dass 18 – 35 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner in Deutschland auf Legionellen zurückzuführen sind. Die hervorgerufene Legionellen-Pneumonie weist sich durch einen schweren Krankheitsverlauf mit einer Sterblichkeitsrate (Letalität) von bis zu 5 % aus.
Datum: 04.10.2023 | Lesezeit: 12. Min.
Ursachen einer Legionellenbelastung in der Wasserinstallation
Im Trinkwasser sind eine Vielzahl bekannter Krankheitserreger wie Legionellen, Salmonellen, coliforme Keime, Noroviren oder weniger gefährliche Bakterien zu finden. Dieses natürliche Vorkommen von Bakterien gilt als unbedenklich. In der Trinkwasserverordnung ist der Schwellenwert mit 100 koloniebildenden Einheiten pro Milliliter (KBE/ml) festgeschrieben und darf nicht überschritten werden.
Neben erhöhten Temperaturen des Wassers ist oftmals die Trinkwasserinstallation in Gebäuden eine Ursache für eine erhöhte Keimbelastung. So empfiehlt die VDI/DVGW 6023, dass das Wasser alle 72 Stunden gespült werden soll, um stagnierendes Wasser zu vermeiden. Dieses bedingt, dass keine übermäßigen Leitungsdurchmesser, unbenutzte Installationsabschnitte oder Totleitungen vorhanden sein dürfen. In stagnierendem Wasser, wie es bei Totleitungen auftritt, können sich Krankheitserreger ungehindert anreichern und die gesamte Trinkwasserinstallation verkeimen. Ebenso gilt ein in Rohrleitungen vorhandener Biofilm als Risikofaktor.
Maximale Wassertemperatur von 25 °C empfohlen
Da das Wachstum von Legionellen erst ab einer Temperatur von ca. 55 °C stagniert und sie erst ab 70 °C abgetötet werden, kann eine Warmwasserinstallation, welche nicht mit ausreichend hohen Temperaturen betrieben wird, ebenfalls als Risiko angesehen werden. Energiesparmaßnahmen, wie das dauerhafte Absenken der Wassertemperatur sind dementsprechend als gesundheitsgefährdend anzusehen. Das periodische Erhitzen des Warmwassers auf über 60 °C - die sogenannte Legionellenschutzschaltung - sollte eingehalten werden.
Um das Risiko von Krankheitserregern im Trinkwasser zu minimieren, ist eine maximale Temperatur von 25 °C an allen Wasserentnahmestellen vorgeschrieben. Die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation beträgt 20 °C. Damit die 25 °C für Kaltwasserstellen nicht überschritten werden, wird eine durchschnittliche Temperatur von 10 °C am Hausanschluss als Planungsprämisse angenommen. Jedoch zeigen Forschungsergebnisse, dass die Temperatur am Hausanschluss durchschnittlich bei über 14 °C liegt, welches in den Sommermonaten dazu führt, dass die 25 °C flächendeckend nicht zu realisieren sind.
Thermische oder chemische Desinfektion
Vorteile der Desinfektionsarten zur Vorbeugung von Legionellen
Um betroffene Gebäude von Krankheitserregern zu desinfizieren, wird oftmals das Verfahren der thermischen Desinfektion angewandt. Hierbei wird heißes Wasser mit über 70 °C durch die Kaltwasserinstallation geleitet, um vorhandene Verkeimungen zu entfernen.
Besonders bei großen Installationen ist es jedoch nicht gewährleistet, dass ausreichend heißes Wasser auch an allen Wasserentnahmestellen ankommt und die Verkeimung vollständig entfernt wird. Zudem wird das Material der Trinkwasserinstallation stark beansprucht. Schweißnähte, Dichtungen oder Kaltwasserarmaturen sind für diese hohen Temperaturen nicht ausgelegt und werden stark angegriffen.
Eine Desinfektion mit einem Mittel auf Natriumhypochlorit-Basis wird mit dem dynamischen Verfahren im Rahmen einer Spülung durchgeführt, bei der das Desinfektionsmittel mit Hilfe einer Dosierpumpe als 3 %-Lösung (30 ml/Liter) in die Trinkwasserinstallation eingeleitet wird. Das Desinfektionsmittel tötet Krankheitserreger wie Bakterien, behüllte Viren sowie Pilze ab. Der Biofilm wird ebenfalls gelöst und entfernt.
Die desinfizierende Wirkung kann über den Redox-Wert des Spülwassers gemessen werden. Die Redox-Spannung [mV] ist ein Maß für die keimtötende und oxidative Wirkung von Desinfektionsmitteln im Wasser. Die Spannung ist abhängig vom Konzentrationsverhältnis Oxidationsmittel zum Reduktionsmittel (z. B. organische Verunreinigungen). Je höher der Redox-Wert des Wassers, desto niedriger die Verunreinigung. Beim Desinfektionsvorgang wird die Trinkwasserinstallation so lange gespült, bis das Wasser einen Redox-Wert von 650mV – 700mV aufweist. Bei diesem Wert sind das Wasser und die Wasserinstallation nachweislich keimfrei.
Bei der Verwendung von Mitteln auf Natriumhypochlorit-Basis können Keime keine Resistenzen bilden, da das Mittel sofort wirkt.
Praxisbericht: Legionellen im Mehrfamilienhaus – 35 Wohneinheiten betroffen
Seit Ende 2012 besteht die Pflicht, alle drei Jahre eine Legionellen-Prüfung der Trinkwasserinstallation in Mehrfamilienhäusern vorzunehmen. In Zuge einer routinemäßigen Kontrolle im Jahr 2020 wurde eine stark erhöhte Konzentration von Legionellen in einem Mehrfamilienhaus mit 35 Wohneinheiten festgestellt.
Eine thermische Desinfektionsmaßnahme der nicht isolierten und nur zum Teil modernisierten Installation wurde zur Beseitigung der Legionellen durchgeführt. Diese war nur von kurzfristigem Erfolg gekrönt, sodass 2021 erneut Legionellen in stark erhöhter Konzentration von über 600 koloniebildenden Einheiten pro Milliliter festgestellt wurden.
Im Zuge einer chemischen Desinfektion auf Natriumhypochlorit-Basis konnte BEULCO Service den gesamten Wohnkomplex desinfizieren und dieses über die Messung des Redox-Wertes protokollieren und belegen.
Durch eine zeitnahe Überprüfung der 35 Wohnungen wurde eine Rückverkeimung von Legionellen festgestellt. Diese Rückverkeimung betraf drei Wohnungen, sodass eine genauere Untersuchung ergab, dass hier bautechnischen Mängel vorlagen. In diesen drei Wohnungen waren Totleitungen vorhanden, in denen sich Legionellen angesammelt hatten und von dort aus das gesamte Mehrfamilienhaus kontaminierten. Durch die konkrete Lokalisierung der Wohneinheiten war es möglich, zielgerichtete bauliche Maßnahmen zu ergreifen und dadurch die Legionellen dauerhaft zu entfernen.